„Politisch sind wir neutral“
Als nach der Jahrtausendwende immer mehr Flüchtlinge nach Deutschland kamen und es in diesem Zusammenhang fremdenfeindliche Aktivitäten gab, lud Pastor Dietmar Adler von der evangelischen Kirchengemeinde in Bad Münder zu einem „runden Tisch“ ein. Vonseiten des Landkreises Hameln-Pyrmont kam später der Vorschlag, eine Sozialraum-AG ins Leben zu rufen.
VON HORST VOIGTMANN
Erster Leiter bei den Gesprächsrunden war Pastor Adler. Organisationen wie die katholische Kirchengemeinde, das Rote Kreuz, die Schulen und die Tafel waren dabei. Eine Mitgliedschaft war nicht notwendig, so dachte man zunächst.
„Aber bald wurde deutlich, dass man für die Beantragung von Fördermitteln tatsächlich die Adresse einer gemeinnützigen Vereinigung braucht. Dadurch, dass man einen Vorstand hat, kann man für bestimmte Projekte leichter Fördergelder beantragen“, sagt Hermann Wessling, damals einer der Ältesten in der Runde.
Als die Pfarrstellen gekürzt wurden, wurde er der erste Nachfolger für Dietmar Adler. Später war auch Grundschulleiter Christoph Schieb Vorsitzender der Runde.
Die Sozialraum-AG ist geschaffen worden als ein Netzwerk, in dem sich Vereine und soziale Initiativen treffen, miteinander im Austausch sind und gemeinsame Projekte miteinander vereinbaren und auch realisieren.
Eines der ersten Projekte sei die Förderung von Integrationslotsen für die Geflüchteten gewesen. Edeltraud Mittelstädt hat damals diese Ausbildung mitgemacht und ist immer noch unterstützend dabei, wenn Menschen aus anderen Regionen dieser Erde in Bad Münder ankommen. Sie sehen sich ganz neuen Lebensbedingungen gegenüber und müssen sich mühsam damit auseinandersetzen.
Dabei gibt es immer wieder auch Erfolgsgeschichten, wie die vom syrischen Flüchtling Bilal Wali, der vor gut fünf Jahren sich einen Wunsch erfüllt hat. Er ging den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit. Schon bevor er nach Deutschland kam, arbeitete er als Schneider in Damaskus. Edeltraud Mittelstädt begleitete ihn und seine Familie damals.
Jobcenter und Handelskammer hatten ihm zuvor den Rat gegeben, es nicht zu versuchen. Bilal Wali blieb dabei und erfüllte sich seinen Wunsch trotz der Warnungen.
Inzwischen sind es rund fünf Jahre, dass Bilal Wali seine Schneiderwerkstatt zunächst im Zentrum von Springe aufmachte, inzwischen aber ein Geschäft gemeinsam mit seiner Frau in Hameln betreibt.
Die Sozialraum-Arbeitsgemeinschaft Bad Münder trifft sich weiter regelmäßig, diskutiert neue Ideen und muss gelegentlich darüber nachdenken, wer den Vorsitz führen soll.
Die bisherige Schulleiterin der Grundschule Eimbeckhausen, Diana Rosenthal, hatte bis zur Jahresmitte den Vorsitz. Sie hat eine neue Aufgabe in Hameln übernommen und daher ihr Amt zurückgegeben.
Den Vorsitz hat inzwischen Stefanie Saake aus Luttringhausen übernommen. Sie arbeitet beim Arbeiter-Samariter-Bund in Hannover und erzählt von den Projekten, die in nächster Zeit stattfinden sollen: „Wir haben das Projekt Bad Münder isst gemeinsam, da bringt jeder etwas mit und lässt seine Nachbarn davon kosten.
Wichtig ist uns auch unser Aktionsmonat im Februar oder im März. Der hat den Themenschwerpunkt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Den genauen Termin legen wir während der nächsten Sitzung fest, die Ende November in Eimbeckhausen stattfindet.“
Saake betont: „Wir haben uns auch für die Erhaltung der Demokratie in unserem Land deutlich eingesetzt, mit einer singenden Menschenkette, auf der Lange Straße, Marktstraße, Echternstraße. Natürlich sind wir offen, alle Menschen aufzunehmen, gern auch Geflüchtete, die sich engagieren wollen. Politisch sind wir neutral, aber Mitglieder von Parteien, die nicht demokratisch sind, würden wir nicht aufnehmen.“